Gut zweidrittel der landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Fulda sind Grünlandbetriebe. Auf Grund der Milchpreiskrise und der insgesamt wirtschaftlich schlechten Situation in der Landwirtschaft haben einige Betriebe die Milchviehhaltung aufgegeben.
Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb denkt die Ökomodellregion Landkreis Fulda über das Fernziel einer eigenen Rhöner Heumilch nach. Voraussetzung dafür ist jedoch eine ganzjährige Fütterung mit Heu anstatt Silage, was wiederum die Nutzung einer Heutrocknungsanlage voraussetzt um eine gute Futterqualität zu erzielen.
Zu diesem Thema fand am 28. März in Almendorf eine Infoveranstaltung statt. Eingeladen hatten die Ökomodellregion Landkreis Fulda und der Verein Natur und Lebensraum Rhön. Für diese hießen Simone Müller und Janet Emig die Teilnehmer willkommen. Gut 70 interessierte Zuhörer, darunter Landwirtinnen und Landwirte aus dem näheren und auch weiteren Umland, Berater vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), Vertreter des Bauernverbandes und des Landkreises Fulda, waren gekommen. Drei Referenten berichteten im Hotel Berghof ausführlich über die Vorzüge einer thermischen Heutrocknung.
Die Gewinnung von hochwertigem Heu, mit dem eine sehr gute Grundfutterleistung der Milchkühe erzielt werden kann, funktioniert in unserer Region nur mit einer Investition in eine Heutrocknungsanlage. Herr Gollob, von der Firma Lasco aus Österreich, stellte zu Beginn seines Vortrages die Vorzüge von getrocknetem Heu vor. Für die lose Heutrocknung empfahl er den Bau von vier Trocknungsboxen um ausreichend, schnell und flexibel Heu einfahren zu können. Ein Vorteil sei, dass das Heu nach nur 24 Stunden Liegezeit eingefahren werden könne. Ein besonderes Augenmerk legte Herr Gollob in seinem Vortrag auf eine sehr gleichmäßige Befüllung und Verteilung des Heu im Heustock mit Hilfe eines Heukran. Wenn die Trocknungsanlage eingeschaltet ist, sollte sie zwölf Stunden durchlaufen sonst kann der Heustock zusammenfallen und es bilden sich Schimmelpilzenester, so Herr Gollob. Der Anteil an Kräutern oder auch von Luzerneblättern sei sehr viel höher. Natürlich gebe es Bröckelverluste, aber geringe. Die Kühe frässen es sehr gerne (schmackhaftes Futter) und für die Tiergesundheit sei es sehr gut. Ein anwesender Landwirte bestätigte die gesundheitsfördernde von Heu bei den Tieren. Seitdem er Heu füttert sähe er nur noch sehr selten den Tierarzt auf seinem Hof. Ein positiver Nebeneffekt sei der angenehme Geruch im Stall. Mit einem guten Heu können bis zu 7.000 Liter Grundfutterleitung erzielt werden
Spitzenkäse produzieren kann man nur mit „Heumilch“ – das heißt also mit Heufütterung. Das sagte Godehart Hannig vom Kirchhof (Demeter-Betrieb) aus Alheim-Oberellenbach. Der Kirchhof hat eine Herde mit 60 Angler Kühen (alter Nutzungsrichtung) und eine Hofkäserei mit Direktvermarktung. Im Sommer 2016 wurde eine HSR-Heutrocknung mit zwei Heu-Boxen in Betrieb genommen. Drei Schnitte könne er gut einfahren, Ende Mai, Juli/August und Ende September ohne sich mit den Wetterkapriolen herumärgern zu müssen. Heufütterung werde dem Verdauungssystem der Kuh am gerechtesten.
Ausführlich berichtete Herr Hannig vom Um- und Einbau der neuen Technik, die er in naher Zukunft um eine Rundballentrockung erweitern möchte. Kombinieren kann er die Heutrocknung mit einer Getreidetrocknungsanlage.
Gestaunt haben die ZuhörerInnen über die Ausführungen von Herrn Matthias Vögele, Geschäftsführer der Futtertrocknung Lamerdingen eG. Er stellte eine überbetriebliche
Heißlufttrocknungsanlage vor. Die Genossenschaft entstand 1960 und hat heute ca. 650 Mitglieder. Erzeugt werden: Edelgrün-Cobs und Edelgrün-Ballen: veredelte, heißluftgetrocknete, zu Cobs pelletiertes oder zu Ballen gepresstes gentechnikfreies Wiesengras. Dieses „Gold der Wiese“ stamme von traditionell bewirtschafteten Dauergrünlandflächen.
Desweiteren werden Körnermaiscobs, Luzernecobs und Luzerneballen, Strohcobs und Strohballen, sowie Sojabohnencobs, Ackerbohnencobs und Lupinencobs gepresst und als Futtermittel verkauft. Alles aus heimischem und GVO-freiem Anbau. Der durchschnittliche Anfahrtsweg des zu trocknenden Gutes betrage etwa 62 km. Das Futter sei qualitativ allerdings so hochwertig, dass sich sowohl die weite Anfahrt als auch der extrem hohe Energieaufwand lohnen und rechnen, wie Herr Vögele erläuterte.
Die Referenten waren sich darüber einig, dass Trocknungsheu ein hochwertiges, schmackhaftes, energiereiches, wiederkäuergerechtes und der Tiergesundheit förderliches Grundfutter ist.
Rhöner Heumilch zu erzeugen kann ein Ziel sein! Wie Herr Henkel (Vereinigung Hessischer Direktvermarkter) sagte, bestehe durchaus ein Interesse der Molkereien, jedoch müsse ein „Zug“ zusammen kommen, damit sich die Abholung und die Abfüllung auch lohne. Mit dem Handel seien bereits erste Gespräche geführt worden. Auch die Vereinigung Ökologischer Landbau (VÖL) ist an der Erzeugung einer „Hessenmilch“ interessiert.
Frau Müller gab im Anschluss an die Vorträge einen Ausblick auf geplante Aktivitäten. Als nächstes sei eine Exkursion ins Allgäu und/oder Österreich geplant. Vor Ort könnten dann die verschiedenen thermischen Heutrocknungssysteme angeschaut und mit den Praktikern diskutiert werden. Voraussichtlicher Exkursionstermin sei Ende Mai / Anfang Juni. Bei Interesse könne man sich bei der Projektkoordinatorin der Ökomodellregion Simone Müller Tel.: 0661/6006-749 oder unter Email: simone.mueller@landkreis-fulda.de melden. Auch seien Interessierte jederzeit eingeladen in der Arbeitsgruppe „Heutrocknung“ aktiv mitarbeiten.